Nicht erst seit der Corona-Krise fordern Pflegefachkräfte mehr Geld und bessere Arbeitsbedingungen. Die Situation der Pflegekräfte ist schon seit Jahren angespannt und nun während der Pandemie werden sie plötzlich bemerkt, ihnen wird sogar vom Balkon applaudiert und sie werden als Alltagshelden und systemrelevant bezeichnet. Neuste Beschlüsse der Regierung sichern den Pflegekräfte jetzt entsprechende Prämien während der Krise zu, in Bayern wurde dies durch Gesundheitsminister Söder bereits beschlossen. Diese Maßnahme scheint notwendig zu sein, wird aber wahrscheinlich die Probleme nicht lösen.
Pflegeheime sind nicht erst seit der Corona-Pandemie unterbesetzt
Nach offiziellen Angaben der Bundesagentur für Arbeit waren bereits 2018 rund 40.000 Stellen in der Pflege unbesetzt. Die tatsächliche Zahl an unbesetzten Stellen könnte damals schon weitaus höher gelegen sein. In Krankenhäusern beispielweise waren im Jahr 2019 beispielweise schon 78 Prozent der Stellen unbesetzt, wie eine Umfrage des Deutschen Krankenhausinstituts zeigte. Einige Experten der Universität in Bremen stellten zudem in einem Gutachten für das Bundesgesundheitsministerium 2019 fest, dass 120.000 zusätzliche Pflegekräfte nötig wären, um pflegebedürftige Personen in bestmöglicher Weise zu versorgen.
Doch der Pflegenotstand wurde weiterhin akzeptiert. Noch dazu wurden und werden Pflegekräfte alltäglich überbelastet. Wenn die Pflegekräfte dann kündigen oder die Auszubildenden im ersten Jahr bereits aussteigen, wird der Druck auf die anderen Pflegekräfte nur noch größer. Dies ist jedoch nicht erst seit der Corona-Pandemie gang und gäbe.
Petition für bessere Arbeitsbedingungen und Löhne der Pflegekräfte einberufen
Neben den bereits von Jens Spahn zugesagten Maßnahmen, wie zusätzliche Schutzausrüstung, fordern nun Pflegekräfte in einer Petition folgende Forderungen:
- Lohnzulage für alle Pflegekräfte, die in dieser Zeit da sind, vor allem, weil viele dafür ihre Kinder in Notbetreuungsgruppen bringen, Überstunden machen sowie Pausen und Ruhezeiten nicht einhalten können.
- Ein erhöhtes Einstiegsgehalt von 4000 Euro für Pflegekräfte.
Die Pflegekräfte sehen bei Nichteinhaltung der Maßnahmen künftig nutzlose Beatmungsmaschinen, da keiner da sein wird, der diese bedient.
Das Bundesgesundheitsministerium hatte am 19. März verschiedene Maßnahmen beschlossen, um das Infektionsrisiko mit dem Coronavirus zu reduzieren und die Pflegeheime von bürokratischen Pflichten zu entlasten. Unter anderem wird der Pflege-TÜV bis mindestens 30. September ausgesetzt, sofern keine anlassgebenden Missstände in Pflegeheimen vorliegen. Auch die MDK-Prüfung durch einen Mitarbeiter des Medizinischen Diensts der Krankenkasse zur Feststellung einer Pflegebedürftigkeit wird vorerst nicht mehr persönlich, sondern telefonisch stattfinden. Hier werden digitale sowie telefonische Interviews eingesetzt. Die körperliche Untersuchung findet demnach vorerst nicht mehr statt. Daneben sollen den Pflegeheimen finanzielle Mittel für Schutzausrüstung sowie zusätzliches Personal zur Verfügung stehen.
Es ist nicht nur das Gehalt, welches den Pflegekräften fehlt
Es ist nicht nur das Gehalt, welches Pflegekräften seit Jahren fehlt, sondern vor allem der Ausgleich an Freizeit und die notwendige Anerkennung und Wertschätzung, denn der Pflegealltag ist nicht erst seit der Corona-Krise ein Arbeitsumfeld mit hoher psychischer und physischer Belastung. Jede Menge Überstunden sowie freiwillig abgesagte Urlaube sind nur zwei Beispiele aus dem Pflegealltag. Und wenn man mal ehrlich ist, würde kein Mensch wegen den bahnbrechenden Verdiensten eine Stelle als Pflegekraft annehmen. Es ist das Herz für bedürftige Menschen, ihnen zu helfen, ihnen eine gute Zeit im Alter und trotz Handicap zu gewähren.
Die Pflegekräfte waren schon immer systemrelevant und die Aufschreie kommen nicht erst seit zwei Monaten. Doch nun haben viele ein offenes Ohr für die Stimmen der Pflegekräfte. Das Problem dabei ist, dass bei vielen Pflegekräften das Vertrauen bereits verloren ist und sie befürchten, dass diese Art der Anerkennung und die dringliche Lohnsituation nach der Krise vollständig vergessen sein wird. Es geht nicht darum, dass Pflegekräfte die Art der Anerkennung während der Krise schlecht finden aber sie wissen durch die Vergangenheit und die vielen leeren Versprechungen, dass dies in Vergessenheit gerät, wenn sich jetzt nichts ändert.
Deswegen ist es genau richtig, jetzt Forderungen zu stellen. Mehr Lohn und vor allem bessere Arbeitsbedingungen schaffen wäre eine zukunftsträchtige Änderung und vielleicht kehren dann auch wieder ehemalige Pflegekräfte in den Beruf zurück, die diesen leider aufgrund der belastenden persönlichen und finanziellen Situation aufgeben mussten?
Fakt ist, es ist nicht falsch, den Pflegekräften vom Balkon zu applaudieren und sie als Alltagshelden zu bezeichnen, doch man sollte ihnen dieses offene Ohr auch nach der Krise geben!