In Deutschland arbeiten 1,7 Millionen Menschen sozialversicherungspflichtig in der Pflege, wovon mehr als eine Million in der Krankenpflege tätig sind – weniger als die Hälfte davon in Vollzeit. Laut dem Deutschen Pflegeverband fehlen heute schon 200.000 Pflegefachpersonen in Krankenhäusern, Seniorenheimen und ambulanten Diensten. Bis 2030 wird die Zahl auf 500.000 fehlende Fachkräfte ansteigen. Da unsere Gesellschaft, geprägt durch die Babyboomer Generation, eine hohe Anzahl an älteren Menschen aufweist, nimmt die Zahl der Pflegebedürftigen stetig zu. Während 2017 noch 3,41 Millionen Menschen auf Pflege angewiesen waren, sind es heute 4,13 Millionen. Jeder fünfte Deutsche ist bereits im Rentenalter und während unsere Bevölkerung immer älter wird, steigt auch die Zahl der Pflegefälle, die betreut werden müssen. Dies ist nicht nur fatal für unser Rentensystem, sondern auch für das Ungleichgewicht in der Pflegebranche.
Pflege geht nur ohne Profit | Quelle: Kampus Production – Pexels
Die Pflegekrise ist bereits da
Wie auch in der Klimakrise gibt es in der Pflege den „Point of no Return“, also einen Zeitpunkt an dem es zu spät sein wird zu handeln bzw. zu verhindern. Laut Pflegefachkräften, Heimbetreiber*innen, Ärzte*innen und Wissenschaftler*innen muss eine Pflegereform stattfinden, um so nicht nur unsere Versorgung, sondern auch die ganze Volkswirtschaft stabil zu halten. Denn wenn durch den Mangel an Pflegepersonal immer mehr Menschen ihre Angehörigen zuhause selbst pflegen, dadurch weniger Arbeitszeit vollbringen und mit weniger Geld weniger konsumieren, droht unser System zu kollabieren. Jeder Euro, der jetzt aktiv in unser Gesundheitssystem eingezahlt wird, ist eine kluge und nachhaltige Investition. Auch die Politik hat einen Handlungsbedarf erkannt und versucht durch höhere Pflegemindestlöhne sowie die Einführung der Tarifbindung um eine neue Ausbildung, die Situation zu verbessern. Doch kleine Veränderungen wie diese reichen nicht aus, es braucht radikale Maßnahmen und eine grundsätzliche Umstellung bei dem Thema Profit.
Mit unserer Gesundheit wird Profit gemacht
In Deutschland ist Gesundheit ein Geschäft geworden: der Mensch ist Objekt, die Medizin die Ware. Egal, ob es um eine Operation in einer Klinik oder um die jahrelange Pflege in einem Seniorenheim geht, meistens steht nicht die Pflege der Patient*innen im Mittelpunkt, sondern wie mit dieser Dienstleistung der größte Profit gemacht werden kann. Diese Orientierung muss langfristig aus unserem Gesundheitssystem verschwinden und durch eine andere ersetzt werden. Beispielsweise könnte man festlegen, dass wie bei Schulen, Kindergärten, der Polizei und Feuerwehr für Kliniken und Pflegeheime keine Gewinne erzielt werden dürfen. Die Politiker*innen müssen aktiv für eine Daseinsvorsorge der Pflege und gegen ein Profitstreben vorgehen.
3 Schritte für einen radikalen Umbau des Gesundheits- und Pflegesystems
Der Autor David Gutensohn hat ein Buch über das Pflegesystem geschrieben: „Pflege in der Krise – Applaus ist nicht genug“, wo er folgende drei Punkte für eine Veränderung der Pflegebranche skizziert:
Fazit
Unser Pflegesystem braucht eine Veränderung. Durch die drei oben genannten Punkte können wir diese anstoßen und ein solidarisches System schaffen. Denn Profite dürfen nicht mehr zulasten von Patient*innen und Pflegefachkräften gemacht werden – unsere Politik muss endlich handeln!